Gerücht: Bosheit

„Hostienfrevel“ 1337

Mann trägt Holz zum Feuer
Ermordung der Deggendorfer Jüdinnen:Juden auf dem Scheiterhaufen (Buchmalerei 1492, Ausschnitt). © Wikimedia Commons | Michel Wolgemut, Wilhelm Pleydenwurff | PD-Art

Antisemitischer Vorwurf: „Jüdinnen:Juden durchbohren Hostien, um Jesus Christus erneut zu töten.“

Hintergrund

Im Mittelalter kam eine Variante des Gottesmord-Vorwurfes auf: der „Hostienfrevel“. Im 13. Jahrhundert hatte sich in der Kirche die Vorstellung durchgesetzt, dass sich Hostien bei der Messe in den Körper von Jesus verwandeln. Sie galten darum als besonders heilig.

In diesem Zusammenhang tauchte schon bald eine neue Lüge über Jüdinnen:Juden auf: Sie würden die geweihten Hostien stehlen, „foltern“ und durchbohren, um aus purer Boshaftigkeit die Tötung Jesu zu wiederholen. Immer wieder wurden Jüdinnen:Juden deshalb verfolgt und ermordet. 

Manchmal wurden solche Unterstellungen auch genutzt, um Gewalttaten erst im Nachhinein zu rechtfertigen. 1337 ermordeten Bewohner:innen des Ortes Deggendorf die dortige jüdische Gemeinde und bereicherten sich an deren Eigentum. Erst 50 Jahre später behauptete man, dass dem Blutbad ein „Hostienfrevel“ vorausgegangen wäre. Deggendorf wurde dadurch zu einem berühmten Wallfahrtsort: Unzählige Gläubige reisten dorthin und brachten viel Geld in die Stadt.

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